Wie die ALLPLAN-Fusion den Weg zur Baustelle 4.0 ebnet

KI in der deutschen Bauindustrie: Baustelle 4.0By 3L3C

Die Fusion von ALLPLAN, FRILO und DC-Software schafft integrierte Design-to-Build-Workflows – Grundlage für Baustelle 4.0, BIM und KI in der Bauindustrie.

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Wie die ALLPLAN-Fusion den Weg zur Baustelle 4.0 ebnet

Die Bauindustrie steht unter massivem Druck: Termine werden enger, Projekte komplexer, Fachkräfte knapper. Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an Nachhaltigkeit und Dokumentation. Wer heute in der deutschen und österreichischen Bauwirtschaft erfolgreich bleiben will, muss Prozesse digitalisieren – und zunehmend auch KI in Planung und Ausführung integrieren.

Vor diesem Hintergrund ist die Fusion von FRILO Software, DC-Software und ALLPLAN ein strategisch bedeutsamer Schritt. Denn hier wächst zusammen, was für echte End-to-End-Workflows im Sinne einer "Baustelle 4.0" längst zusammengehört: BIM-Modellierung, Statik, Grundbau, Fertigteile und Bauausführung in einem durchgängigen digitalen Ökosystem.

In diesem Beitrag aus unserer Reihe „KI in der deutschen Bauindustrie: Baustelle 4.0“ beleuchten wir, warum diese Fusion mehr ist als ein Konzern-Newsflash – und welche konkreten Vorteile Planer, Bauunternehmen und Projektentwickler daraus ziehen können, insbesondere mit Blick auf Automatisierung, KI-gestützte Prozesse und digitale Baustellen.


1. Von Insellösungen zu End-to-End: Was die Fusion wirklich bedeutet

Zum 01.07.2024 wurde die Verschmelzung von FRILO Software GmbH und DC-Software Doster & Christmann GmbH mit ALLPLAN offiziell wirksam. Damit entsteht ein integriertes Portfolio, das den kompletten Bauprozess abdeckt – vom ersten Entwurf bis zur Bauausführung.

Drei starke Spezialisten – ein durchgängiges System

Vereinfacht lässt sich die neue Aufstellung so beschreiben:

  • ALLPLAN: BIM-Plattform für Architektur, Ingenieurbau, Infrastruktur und Fertigteilplanung – vom Konzept über die Detail- und interdisziplinäre Planung bis hin zur Bauausführung.
  • FRILO: Bauteilorientierte Statiksoftware für Tragwerksplaner – Bemessung und Nachweis von Stahlbeton, Stahl, Holz und Mauerwerk.
  • DC-Software: Lösungen für den Grundbau und die Geotechnik – Standsicherheitsnachweise für Gründungs- und Stützbauwerke sowie deren Planung, Entwurf und Bemessung.

Was bisher vielfach über Schnittstellen, Ex- und Importe sowie manuelle Kontrollen gelöst wurde, kann nun deutlich enger verzahnt werden – fachlich, technisch und perspektivisch auch datengetrieben mit KI-Unterstützung.

Zielbild ist ein konsistenter „Design-to-Build“-Workflow: von der Modellierung über Statik und Grundbau bis zur Fertigung und Ausführung – ohne Medienbrüche.

Warum das für die digitale Baustelle entscheidend ist

Eine echte Baustelle 4.0 lebt von durchgängigen Datenflüssen. Isolierte Softwarelösungen sind dabei ein Bremsklotz, weil:

  • Informationen mehrfach erfasst werden müssen,
  • Fehler und Inkonsistenzen schwerer auffallen,
  • Potenziale für Automatisierung und KI-Analysen ungenutzt bleiben.

Die Fusion schafft die Grundlage, Statik- und Grundbaudaten direkt im Kontext des BIM-Modells zu nutzen – und diese Informationen bis in die Bauausführung und den Betrieb zu tragen. Für Bauunternehmen in Deutschland und Österreich ist das ein zentraler Hebel, um Produktivität, Qualität und Nachvollziehbarkeit zu steigern.


2. Integrierte Workflows: Vom BIM-Modell zur fertigen Konstruktion

Entscheidend ist nicht, dass es „mehr Software“ gibt, sondern dass Abläufe einfacher, schneller und sicherer werden. Genau hier liegt der Mehrwert der Fusion.

Durchgängiger Workflow im Hoch- und Ingenieurbau

Ein typischer Workflow im Ingenieurbau könnte künftig so aussehen:

  1. Konzept- und Entwurfsphase in ALLPLAN: Architekt und Tragwerksplaner entwickeln gemeinsam ein BIM-Modell.
  2. Bauteilorientierte Statik mit FRILO: Einzelne Bauteile (Stützen, Träger, Platten etc.) werden direkt aus dem Modell für die Bemessung übernommen.
  3. Grundbau mit DC-Software: Gründungsvarianten, Stützbauwerke und Baugrubenverbauten werden auf Basis desselben Projektkontexts bemessen.
  4. Rückführung der Ergebnisse: Tragfähigkeiten, Bewehrungsmengen und Gründungsentscheidungen fließen zurück in das BIM-Modell.
  5. Weitergabe in Fertigteilplanung und Bauausführung: Die konsolidierten Daten werden für Fertigteile, Ausschreibung, Terminplanung und Bauablauf verwendet.

Statt manuell Daten zu übertragen, entstehen konsistente, digitale Ketten, auf denen später auch KI-gestützte Auswertungen aufsetzen können – etwa zur Optimierung von Materialeinsatz, Bauzeit oder CO₂-Bilanz.

Weniger Reibungsverluste, mehr Planungsqualität

Für die Praxis bedeutet ein integrierter Ansatz unter anderem:

  • Reduzierte Doppelarbeit: Einmal erfassen, mehrfach nutzen.
  • Weniger Übertragungsfehler: Daten bleiben im selben Ökosystem.
  • Schnellere Variantenuntersuchung: Tragwerks- und Grundbauvarianten lassen sich schneller durchspielen.
  • Transparente Dokumentation: Alle Nachweise bleiben im digitalen Projektraum nachvollziehbar.

Gerade in Zeiten knapper Ingenieurkapazitäten ist es ein Vorteil, wenn Routinetätigkeiten reduziert und Ressourcen auf anspruchsvollere Aufgaben fokussiert werden können.


3. Fundament für KI: Warum integrierte Daten entscheidend sind

In dieser Blogserie zur KI in der Bauindustrie zeigt sich immer wieder derselbe Kernpunkt: Ohne saubere, strukturierte Daten keine sinnvolle KI. Die Fusion von ALLPLAN, FRILO und DC-Software adressiert genau diesen Engpass.

Datenbasis für KI-gestützte Planungsentscheidungen

Wenn Statik-, Grundbau- und BIM-Daten in einem konsistenten System vorliegen, eröffnen sich mittelfristig zahlreiche KI-Anwendungsfälle, zum Beispiel:

  • Automatisierte Plausibilitätsprüfungen: KI erkennt ungewöhnliche Bewehrungsmengen, widersprüchliche Lastannahmen oder untypische Geometrien im Modell.
  • Empfehlungen für Gründungsarten: Auf Basis vergleichbarer Projekte können Vorschläge für ökologisch und ökonomisch sinnvolle Varianten gemacht werden.
  • Optimierung von Materialeinsatz: Algorithmen identifizieren Bereiche mit hohem Einsparpotenzial bei Beton, Stahl oder Holz.
  • Risikobewertung: Verknüpfung von Bodenkennwerten, Statikdaten und Ausführungsplanung für eine verbesserte Risikoeinschätzung.

All das setzt voraus, dass die relevanten Informationen nicht in Einzellösungen „eingesperrt“, sondern systematisch verknüpft sind – genau hier liegt die strategische Bedeutung der Fusion.

Brücke von der Planung zur digitalen Baustelle

Für die Baustelle 4.0 sind Planungsdaten die Grundlage für:

  • modellbasierte Bauablaufplanung,
  • automatisierte Mengenermittlung und Ressourcenplanung,
  • KI-gestützte Nachtrags- und Risikoanalysen,
  • Echtzeit-Überwachung von Baufortschritt und Qualität.

Je besser Tragwerks- und Grundbaudaten mit dem BIM-Modell vernetzt sind, desto einfacher lassen sich diese Informationen z. B. mit Sensorik, Drohnenaufnahmen oder IoT-Daten auf der Baustelle abgleichen. So entsteht ein geschlossenes System, das kontinuierlich lernt und verbessert – ein zentrales Merkmal moderner KI-Anwendungen im Bauwesen.


4. Nutzen für Bauunternehmen, Planer und Auftraggeber

Was bedeutet das konkret für unterschiedliche Akteure in der DACH-Bauindustrie – insbesondere in Deutschland und Österreich?

Für Ingenieurbüros und Tragwerksplaner

  • Effizientere Berechnungsprozesse durch direkte Übergabe von Bauteilen aus dem BIM-Modell an Statik- und Grundbau-Software.
  • Höhere Planungsqualität, da interdisziplinäre Auswirkungen (z. B. auf Gründung, Fertigteilplanung) früher sichtbar werden.
  • Bessere Zusammenarbeit mit Architekten, Geotechnikern und Bauunternehmen, weil alle auf gemeinsamen, konsistenten Daten arbeiten.

Für Bauunternehmen und Baustellenmanagement

  • Zuverlässigere Mengen- und Kostenermittlung, da Statik- und Grundbauentscheidungen früh in der Kalkulation berücksichtigt werden.
  • Weniger Überraschungen auf der Baustelle, weil Boden- und Tragwerksrisiken transparenter geplant und dokumentiert sind.
  • Grundlage für KI-gestützte Bauablauf- und Ressourcenplanung, da alle relevanten Informationen im digitalen Modell gebündelt sind.

Für Auftraggeber und Projektentwickler

  • Höhere Transparenz über Tragwerks- und Grundbauentscheidungen sowie deren Auswirkungen auf Kosten und Nachhaltigkeit.
  • Bessere Vergleichbarkeit von Varianten (z. B. unterschiedliche Gründungslösungen im Hinblick auf CO₂-Emissionen und Lebenszykluskosten).
  • Weniger Nachträge und Claims, weil Planungsgrundlagen nachvollziehbar und konsistent sind.

5. Ausblick: SCIA-Fusion und der nächste Schritt zur KI-gestützten Bauwelt

Die offizielle Fusion mit SCIA, einem weltweit führenden Anbieter von Statik- und Bemessungssoftware, ist für Anfang 2025 angekündigt. Damit wird das integrierte Portfolio um leistungsfähige FE- und Bemessungstools für komplexe Tragwerke erweitert.

In Kombination mit ALLPLAN, FRILO und DC-Software entsteht so eine durchgängige, international anschlussfähige Planungs- und Bemessungsumgebung, die ideal für KI-Entwicklung geeignet ist:

  • Mehr Datenvielfalt aus unterschiedlichen Projekttypen
  • Einheitlichere Datenstrukturen und Workflows
  • Größere Projektbasis für Training und Validierung von KI-Modellen

Für Unternehmen, die ihre Digital- und KI-Strategie in der Bauindustrie ernsthaft vorantreiben wollen, bietet sich jetzt die Chance, Prozesse und Organisation so aufzustellen, dass diese neuen Möglichkeiten tatsächlich nutzbar werden.


Fazit: Jetzt die Weichen für Design-to-Build und KI stellen

Die Fusion von ALLPLAN, FRILO und DC-Software ist weit mehr als eine organisatorische Veränderung. Sie ist ein klares Signal, wohin sich die Bau- und Planungssoftware im deutschsprachigen Raum entwickelt: hin zu integrierten Design-to-Build-Lösungen, die eine echte Baustelle 4.0 und den sinnvollen Einsatz von KI in der Bauindustrie ermöglichen.

Für Planer, Bauunternehmen und Auftraggeber ergeben sich daraus drei zentrale Handlungsfelder:

  1. Prozesse harmonisieren: BIM, Statik und Grundbau nicht länger als getrennte Welten behandeln, sondern als zusammenhängenden, digitalen Workflow.
  2. Datenqualität sichern: Standards, Strukturen und Verantwortlichkeiten definieren, damit die neue Systemintegration wirklich Mehrwert bringt und KI-Anwendungen möglich werden.
  3. Kompetenzen aufbauen: Teams in BIM, digitalen Workflows und KI-Grundlagen schulen – gerade jetzt, bevor der Wettbewerbsdruck weiter steigt.

Wer diese Weichen heute stellt, kann in den kommenden Jahren Projekte schneller, wirtschaftlicher und nachhaltiger realisieren – und die Chancen von Baustelle 4.0 und KI tatsächlich in messbare Ergebnisse verwandeln.


Hinweis: Dieser Beitrag ist Teil der Serie „KI in der deutschen Bauindustrie: Baustelle 4.0“, in der wir zeigen, wie integrierte Softwarelösungen, BIM und künstliche Intelligenz die Bauwelt grundlegend verändern.