Wie die Partnerschaft von ALLPLAN und MiTek den digitalen Holzbau vorantreibt – mit BIM, File-to-Factory-Workflows und als Basis für KI in der Baustelle 4.0.

Digitale Holzbau-Offensive: Was hinter der Partnerschaft von ALLPLAN und MiTek steckt
Die deutsche und österreichische Bauwirtschaft stehen 2025 massiv unter Druck: Wohnraummangel, steigende Baukosten, Fachkräftemangel, Klimaziele – und parallel der Ruf nach mehr Produktivität und Transparenz auf der Baustelle 4.0. Genau hier setzt die strategische Partnerschaft von ALLPLAN und MiTek an: Sie verbindet BIM, automatisierte Vorfertigung und datengetriebene Prozesse zu einem durchgängigen digitalen Holzbau-Workflow.
In unserer Serie „KI in der deutschen Bauindustrie: Baustelle 4.0“ ist diese Kooperation ein Paradebeispiel dafür, wohin die Reise geht: weg vom klassischen Einzelgewerkdenken, hin zu integrierten, softwaregestützten Prozessen von der Planung über die Statik bis in die Fertigungshalle – und perspektivisch ergänzt durch KI-Assistenzsysteme.
In diesem Beitrag schauen wir uns an, was die Zusammenarbeit von ALLPLAN und MiTek konkret bedeutet, wie digitale Workflows den seriellen Holzbau effizienter und nachhaltiger machen und welche Rolle BIM, Automatisierung und kĂĽnftig KI fĂĽr Bauunternehmen in Deutschland und Ă–sterreich spielen.
1. Warum digitaler Holzbau jetzt strategisch wichtig ist
Wohnungsbaukrise trifft Klimaziele
Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ist in Deutschland und Ă–sterreich ungebrochen hoch. Gleichzeitig steigen Anforderungen an Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und COâ‚‚-Reduktion. Holz- und Hybridbauweisen gelten dabei als einer der wichtigsten Bausteine, um:
- COâ‚‚ zu binden statt zu emittieren,
- Bauzeiten zu verkĂĽrzen,
- und industrielle, serielle Fertigungsansätze zu nutzen.
Doch der Holzbau steht vor ähnlichen Herausforderungen wie die gesamte Bauindustrie:
- Fragmentierte Planung über verschiedene Softwarelösungen
- MedienbrĂĽche zwischen Planung, Statik, Fertigungsplanung und Produktion
- Hohe Abhängigkeit von Erfahrung einzelner Fachkräfte
- Steigende Komplexität durch Normen, Brandschutz, Schallschutz und Nachhaltigkeitsanforderungen
Hier kommt der BIM-basierte, automatisierte Holzbauprozess ins Spiel, den ALLPLAN und MiTek gemeinsam adressieren.
Von der CAD-Zeichnung zum datengetriebenen BIM-Workflow
Traditionelle CAD-Planung stoĂźt an Grenzen, wenn:
- Varianten schnell verglichen werden mĂĽssen,
- Materialverbräuche und Kosten früh transparent sein sollen,
- automatisierte Fertigung angesteuert werden soll.
BIM-Modelle sind dagegen datenreiche 3D-Abbilder des Bauwerks. In der Kooperation zwischen ALLPLAN und MiTek werden diese Modelle zur Grundlage eines durchgängigen File-to-Factory-Prozesses – eine zentrale Säule der Baustelle 4.0.
2. Die Partnerschaft im Ăśberblick: ALLPLAN, MiTek & Pamir
ALLPLAN: BIM-Plattform fĂĽr Planung und Koordination
ALLPLAN ist eine etablierte BIM-Lösung für Architektur, Tragwerksplanung, Infrastruktur und Bauausführung. Für den Holzbau bedeutet das:
- Erstellung eines ganzheitlichen Planungsmodells im städtebaulichen Kontext
- Integration von Architektur, Tragwerksplanung und TGA-Informationen
- Durchgängige BIM-Datenbasis statt isolierter Zeichnungen
MiTek & Pamir: Spezialist fĂĽr vorelementiertes Bauen
MiTek ist Lösungsanbieter für vorelementierten Holzbau, insbesondere im Bereich:
- Wände, Decken und Dächer aus Holz
- Nagelplattenbinder und Dachkonstruktionen
- automatisierte Fertigungsprozesse in der Werkhalle
Mit der Software Pamir bietet MiTek ein leistungsfähiges Tool für:
- statische Berechnungen,
- Bemessung und Detaillierung von Holzbauelementen,
- Arbeitsvorbereitung und Fertigungsplanung.
Die Kombination: Integrierte Plattform fĂĽr seriellen Holzbau
Durch die Partnerschaft entsteht ein digitaler End-to-End-Workflow:
- BIM-Modellierung in ALLPLAN – Das Gebäude wird mit Holzbausystemen im Kontext geplant.
- Datenübergabe an Pamir – Holzelemente für Wände, Decken und Dächer werden übergeben.
- Automatisierte Statik & Detaillierung – In Pamir laufen Statik, Bemessung und Detaillierung modellbasiert.
- Koordination über Bimplus – Die Werkplanung wird mit den Modellen anderer Fachplaner abgestimmt.
- Vorfertigung – Die fertigen Holzelemente werden automatisiert produziert und für die Montage vorbereitet.
Damit entsteht ein digitaler Prozess vom Entwurf bis in die Fertigung, der sich perfekt in das Leitbild der Baustelle 4.0 einfĂĽgt.
3. Durchgängiger BIM-Prozess: So funktioniert File-to-Factory im Holzbau
Schritt 1: Integrierte Planung im BIM-Modell
Im ersten Schritt entwickeln Architekt:innen und Tragwerksplaner:innen in ALLPLAN ein ganzheitliches BIM-Modell:
- städtebauliche Einbindung,
- Grundriss- und Fassadengestaltung,
- Festlegung der wesentlichen Holzbausysteme,
- Integration von technischen Anlagen und Brandschutzanforderungen.
Durch die frühe, modellbasierte Zusammenarbeit können Konflikte (z. B. Kollisionsprüfungen TGA–Tragwerk) früh erkannt werden. Das reduziert teure Planungsänderungen in späten Projektphasen.
Schritt 2: Modellbasierte Ăśbergabe an Pamir
Die Holzbauelemente – Wände, Decken, Dach – werden strukturiert aus ALLPLAN nach Pamir übergeben. Wesentlich ist dabei:
- Geometrie- und Materialinformationen bleiben erhalten,
- Bauteile werden in produktionsfähige Elemente überführt,
- die Daten sind maschinenlesbar fĂĽr nachgelagerte Prozesse.
So wird aus dem Architektur- und Tragwerksmodell direkt ein Fertigungsmodell, ohne dass Informationen erneut erfasst werden mĂĽssen.
Schritt 3: Automatisierte Statik, Bemessung und Detaillierung
In Pamir werden die Bauteile:
- statisch berechnet,
- bemessen (Querschnitte, Verbindungsmittel etc.),
- detailliert (AnschlĂĽsse, Nagelplatten, Verbindungspunkte).
Hier zeigt sich das Potenzial fĂĽr KI und Automatisierung in der Baustelle 4.0:
- wiederkehrende Detailkonstruktionen können regelbasiert erzeugt werden,
- Optimierungen in Materialeinsatz und Verbindungsmitteln lassen sich automatisieren,
- statische Nachweise können teilautomatisiert vorbereitet werden.
Schon heute läuft vieles hoch automatisiert. Künftig werden KI-Algorithmen zusätzliche Optimierungen vorschlagen können, etwa zur:
- Minimierung des Verschnitts,
- Optimierung des Lastabtrags,
- Bewertung alternativer Systemvarianten.
Schritt 4: Kollaboration und Abstimmung in der Werkplanung
Die detaillierten Holzbaumodelle werden über eine Kollaborationsplattform mit der Gesamtplanung abgestimmt. Das ermöglicht:
- parallele Bearbeitung durch mehrere Fachdisziplinen,
- transparente Änderungsverfolgung,
- frĂĽhzeitige Erkennung von Konflikten mit Beton-, Stahl- oder TGA-Elementen.
Für die Praxis bedeutet das: weniger Überraschungen auf der Baustelle, weniger Nachträge, mehr Planungssicherheit.
Schritt 5: Ăśbergabe an die automatisierte Vorfertigung
Abschließend werden die Datensätze für die industrielle Vorfertigung genutzt:
- Zuschnittlisten,
- Maschinensteuerung fĂĽr Abbundanlagen oder Elementfertigung,
- Stücklisten und Montagepläne.
Der „File-to-Factory“-Gedanke wird damit Realität: Ein konsistentes digitales Modell steuert den gesamten Prozess – zentraler Baustein einer echten digitalen Baustelle im Holzbau.
4. Konkrete Mehrwerte fĂĽr Architekt:innen, Tragwerksplaner und Fertighaushersteller
FĂĽr Architekt:innen: FrĂĽhzeitige Sicherheit und Gestaltungsfreiheit
ArchitekturbĂĽros profitieren insbesondere von:
- frĂĽher RĂĽckkopplung zur Machbarkeit und Statik,
- schnellen Variantenvergleichen (z. B. andere Raster, Spannweiten, Module),
- sicherem Nachweis, dass der Entwurf serien- und fertigungstauglich ist.
Im Kontext der Baustelle 4.0 ermöglicht der durchgängige BIM-Prozess:
- realitätsnahe Visualisierung für Bauherr:innen,
- bessere Berechenbarkeit von Bauzeiten und Kosten,
- einfachere Integration von Nachhaltigkeitsnachweisen.
FĂĽr Tragwerksplaner:innen: Hohe DatenverfĂĽgbarkeit und effiziente Detailierung
Tragwerksplaner:innen erhalten:
- ein konsistentes Datenmodell fĂĽr Lastabtrag, Nachweise und Detaillierung,
- automatisierte Routinetätigkeiten in Bemessung und Detailplanung,
- mehr Zeit fĂĽr wirklich komplexe Fragestellungen.
Gerade im Holzbau mit vielen Knotenpunkten, Verbindungsmitteln und bauphysikalischen Anforderungen ist diese Entlastung ein enormer Produktivitätshebel.
Für Fertighaushersteller und Holzbaubetriebe: End-to-End-Lösung
Fertighaushersteller und industrielle Holzbaubetriebe gewinnen durch den integrierten Prozess:
- verlässliche, früh verfügbare Planungsdaten,
- reduzierten Koordinationsaufwand zwischen Planung, Statik und Werkhalle,
- klare Schnittstellen zur Maschinensteuerung.
Für Unternehmen, die sich im Wettbewerb mit seriellen Holzbaukonzepten positionieren wollen, ist eine solche End-to-End-Digitallösung ein zentraler Wettbewerbsvorteil – insbesondere in einem Umfeld, in dem Fachkräfte knapp und Projektlaufzeiten immer anspruchsvoller werden.
5. Baustelle 4.0 und KI: Wie es von hier weitergeht
Die Kooperation von ALLPLAN und MiTek ist ein wichtiger Schritt in Richtung vollständig digitalisierter Holzbau – aber sie ist nur ein Teil eines größeren Bildes: der Transformation hin zur Baustelle 4.0, in der KI und Datenplattformen eine immer größere Rolle spielen werden.
Perspektive: KI als nächster Beschleuniger
Auf Basis der heute geschaffenen, strukturierten BIM-Daten sind in den nächsten Jahren u. a. folgende KI-Anwendungen realistisch:
- KI-gestĂĽtzte Entwurfsoptimierung fĂĽr Holzbauprojekte (Lastabtrag, Materialeffizienz, Modulraster)
- automatische Kollisions- und Qualitätsprüfungen auf Basis von Regelwerken
- Prognosen für Bauzeiten und Montageabläufe im Elementbau
- intelligente Ressourcenplanung (Material, Personal, Maschinen) aus dem BIM-Modell heraus
Damit wird aus dem digitalen Prozess ein lernendes System, das jede Baustelle schneller, sicherer und nachhaltiger macht.
Was Bauunternehmen jetzt tun sollten
FĂĽr Bauunternehmen, PlanungsbĂĽros und Holzbaubetriebe in Deutschland und Ă–sterreich lohnt es sich, jetzt strategisch zu handeln:
- BIM-Kompetenz aufbauen: Mitarbeitende in modellbasierten Prozessen schulen.
- Pilotprojekte im Holz- oder Hybridbau starten, um Erfahrungen zu sammeln.
- Schnittstellen zur Vorfertigung und Maschinensteuerung prĂĽfen und professionalisieren.
- Datenqualität im Unternehmen als strategisches Thema etablieren – Grundlage für jede KI-Anwendung.
Wer diese Schritte heute geht, ist in wenigen Jahren bestens positioniert, um von KI-gestĂĽtzten Workflows, automatisierter Fertigung und seriellen Baukonzepten zu profitieren.
Fazit: Digitale Holzbau-Ă–kosysteme als SchlĂĽssel zur Baustelle 4.0
Die strategische Partnerschaft von ALLPLAN und MiTek zeigt exemplarisch, wie sich die Bauindustrie in Richtung integrierter, digitaler Ökosysteme entwickelt. Ein durchgängiger BIM-Prozess vom Entwurf über Statik und Detaillierung bis in die Vorfertigung ist die Basis, auf der KI in der Bauindustrie überhaupt erst ihr Potenzial entfalten kann.
Für Architekt:innen, Tragwerksplaner:innen und Holzbaubetriebe bedeutet das: Wer jetzt auf digitale Holzbauprozesse, BIM und Automatisierung setzt, verschafft sich einen klaren Vorsprung im Wettbewerb um Projekte, Fachkräfte und Effizienz.
Die zentrale Frage für die kommenden Jahre lautet daher: Wie schnell gelingt es Ihrem Unternehmen, von punktuellen Softwarelösungen zu einem durchgängigen, datengetriebenen Holzbau-Workflow zu wechseln – und damit den Weg für echte Baustelle 4.0 und KI-Anwendungen frei zu machen?